Oberflächentechnik und Biotransformation

Der Einsatz von Laser- und Plasmatechnologie für biotransformierte Oberflächen

Laser- und Plasmatechniken sind gut erforschte Verfahren, die einen breiten Einsatz in der industriellen Oberflächenbehandlung finden, um Oberflächen zu reinigen oder gezielt mit Eigenschaften und Funktionen zu versehen. Diese Techniken können auch im Sinne der biologischen Transformation von Produktionsprozessen und Herstellungsverfahren eingesetzt werden. Konkret heißt das: Es werden lebende Systeme in technische Systeme integriert, um diese zu optimieren, mit neuen Funktionen auszustatten und langzeitstabiler zu machen. Am Fraunhofer IFAM wird aktuell in verschiedenen Bereichen erforscht, wie Laser- und Plasmatechniken die Integration von Organismen auf Oberflächen ermöglichen und begünstigen. 

 

Organismen auf Oberflächen: gut oder schlecht?

Dass Organismen sich auf technischen Oberflächen ansiedeln, ist ein bekanntes Phänomen und kann ein Problem sein. Die Ansiedlung von bspw. Seepocken oder Algen an Schiffsrümpfen oder Offshore-Windanlagen ist unerwünscht und wird Fouling oder Bewuchs genannt. Organismen können dort Schäden wie Korrosion verursachen, indem sie Schutzschichten angreifen. Außerdem wurde nachgewiesen, dass der Bewuchs an Schiffen den Strömungswiderstand erhöht und Schiffe dadurch erheblich mehr Treibstoff verbrauchen. Die Expertinnen und Experten am Fraunhofer IFAM haben sich mit dieser Problematik befasst und Plasmabeschichtungen entwickelt, die einen solchen Bewuchs mindern.

Umgekehrt sind aber auch zahlreiche Szenarien denkbar, in der die Ansiedlung von Organismen zweckmäßig und erwünscht ist. So wird – um beim Beispiel des Schiffbewuchses zu bleiben – seit längerem untersucht, wie Mikro-Organismen gezielt auf Schiffsoberflächen eingesetzt werden können, damit sie einen Biofilm produzieren, der als biobasiertes Anti-Fouling-Mittel der Ansiedlung schädlicher Organismen entgegenwirkt. Ein noch deutlicheres Beispiel ist die Osseointegration in der Medizintechnik: Hier ist es gerade das dezidierte Ziel, dass Implantate sich mit menschlichem Gewebe erfolgreich verbinden.

 

Mit Oberflächentechnik Habitate für Einzeller & Co. kreieren

Möchte man technische mit biologischen Systemen verknüpfen, spielen die Oberflächen und Grenzflächen eine entscheidende Rolle. Sie bestimmen die Güte des Zusammenspiels beider Welten. Was kann die Oberflächentechnik hierzu leisten? Für die Integration lebender Organismen in technische Oberflächen setzt das Fraunhofer IFAM sein umfassendes Know-how rund um Laser- und Plasmatechnologien ein.

Damit Mikro-Organismen wie Einzeller oder Bakterien sich auf einer Oberfläche ansiedeln, muss zunächst die richtige Umgebung eingerichtet werden. Mittels Lasertechnik schaffen wir Oberflächenstrukturen, die Habitate für ein- bis wenig-zellige Organismen bilden und sie schützen. Mit einer solchen Struktur können außerdem feine Kanäle angelegt werden, mit welchen Nährstoffe zugeführt werden können. Mit Plasmatechnik werden die Oberflächen dieser Habitate so modifiziert, dass sie besonders verträglich für die Existenz der Organismen sind und diese ihre Aufgabe erfüllen können.

 

Von Anti-Fouling bis Osseointegration: Anwendungen für biofunktionalisierte Oberflächen

Die gezielte Strukturierung und Modifikation von Oberflächen mit Laser- und Plasmatechnologie begünstigt die Integration bzw. Interaktion von lebenden Organismen in technischen Systemen und ermöglicht, dass diese Organismen eine bestimmte Funktion erfüllen. Genannte Bereiche wie die Schifffahrt und Medizintechnik profitieren bereits von unseren Entwicklungen. Aktuell wird am Fraunhofer IFAM nach weiteren Anwendungsbereichen für solche biofunktionalisierten Oberflächen geforscht. Beispielhafte Bereiche sind:

Schifffahrt und maritime Technologien: den ungewollten Bewuchs von Oberflächen oder Ablagerungen verhindern (Anti-Fouling)
Medizintechnik: das Einwachsen von Implantaten gezielt fördern (Osseointegration)
Maschinenbau und Anlagentechnik: Schmierung von Systemen mit Organismen, die Schleim produzieren; Filterung von Schadstoffen
Energietechnik:  Erzeugung von Methan oder Wasserstoff 
Chemische Industrie: Chemische Prozesse durch organische Prozesse optimieren, ergänzen oder ersetzen; Ausgangschemikalien erzeugen

Dr. Ralph Wilken leitet die Abteilung »Plasmatechnik und Oberflächen« am Fraunhofer IFAM. Mit seinem Team von Forscherinnen und Forschern steht ein umfassendes Wissen rund um den Einsatz von Plasma-, Laser- und VUV-Technologien in der Oberflächentechnik zur Verfügung, das sie in unterschiedlichen Branchen für die Bio-Transformation in Wertschöpfungsprozessen einsetzen.