Projekt DiBioK: Diffusion ist entscheidend für Materialdesign

Aus Kunststoffen wie Verpackungen, die in Kontakt mit Lebensmitteln stehen, Laminaten, Klebstoffen oder Dichtungen, können Stoffe wie Additive in die sie umgebenden Medien übergehen. Dabei sinkt deren Konzentration im Kunststoff und reichert sich in deren Umgebung wie Lebensmitteln oder Grenzflächen an. Im Projekt „DiBioK“ arbeitet das Fraunhofer IFAM gemeinsam mit Projektpartnern an der Bestimmung von Stoffkonstanten zur Berechnung von Diffusionskoeffizienten ausgewählter biobasierter Polymere. Daraus soll ein Modell abgeleitet werden, das eine Vorhersage dieser stoffspezifischen Eigenschaft ermöglicht.

 

Diffusion im Kunststoff bestimmt die Geschwindigkeit des Stoffübergangs

Die Stoffübergänge von Additiven aus Kunststoffen, die mit Lebensmitteln in Berührung stehen sind durch die europäische Gesetzgebung reguliert. Diese verlangt auch die Überprüfung der Einhaltung der darin formulierten Vorschriften. Abseits der gesetzlichen Vorgaben für Lebensmittelverpackungen sind diese Stoffeigenschaften u.a. auch für Umverpackungen von Interesse. Das Thema spielt mit Blick auf die Änderung von Materialeigenschaften infolge von Diffusion ganz generell eine immanente Rolle für Kunststoffentwickler wie Kleb- und Dichtstoffhersteller. Im Kontext der Auslegung von Bauteilen spielen die Barriereeigenschaften bezüglich Wasserdiffusion eine entscheidende Rolle. Auch vor dem Hintergrund der durch Feuchtigkeit induzierten Materialdegradation können Vorhersagen zu Alterung getroffen werden.

Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt des Stoffübergangs ist dessen Diffusion im Kunststoff. Für die Überprüfung der Diffusion werden Migrationstests durchgeführt. Diese sind jedoch methodisch bedingt nicht für alle Fragestellung geeignet. Neben experimentellen Methoden zur Abschätzung des Stoffübergangs sind auch theoretische Methoden zulässig, um allgemein anerkannte Diffusionsmodelle als Konformitäts- und Qualitätssicherungsinstrument zu ermöglichen. Diese Modelle unterliegen jedoch Einschränkungen, um damit Stoffkonstanten für weitere Polymere vorherzusagen. Außerdem basiert die Konformitätsbewertung mittels „diffusion modelling“ auf Strukturgleichheit und stößt damit für nicht strukturgleiche Polymere an ihre Grenzen.

           

Bestimmung von Diffusionseigenschaften biobasierter Kunststoffe mit komplementären Methoden

Im Projekt „DiBioK“ arbeiten die Expertinnen und Experten an der Schaffung eines Instrumentes zur Charakterisierung der Diffusionseigenschaften biobasierter Kunststoffe. Hierfür werden Stoffkonstanten und Aktivierungsenergien (EA) für Biopolymere bestimmt. Dabei werden verschiedene Methoden einbezogen. Diese Methoden, die sich hinsichtlich des experimentellen Aufbaus unterscheiden, bieten alle das Potential Daten zu generieren, aus denen sich der Diffusionskoeffizient bestimmen lässt.

Um den Anwendungsbereich auch für nicht strukturgleiche Polymere zu erweitern, wird mithilfe der gewonnenen Daten das Vorhersagemodel der EC-Richtlinie zur Abschätzung von Diffusionskoeffizienten evaluiert. Ein Vorhersagemodel kann den Aufwand innerhalb von Konformitätsbewertungen drastisch reduzieren.

Der DiBioK-Ansatz verfolgt eine umfangreiche Evaluierung von vier unterschiedlichen Methoden zur Bestimmung der Diffusionseigenschaften:

  • Lag Time Methode (LTM)
  • Desorptionsmethode (DM)
  • Inverse Gaschromatographie (iGC)
  • Dynamische Dampfsorption (DVS).

Diese Methoden ergänzen sich und unterliegen methodenbedingten Einschränkungen. Dabei spielt die Temperatur eine wesentliche Rolle. Alle Methoden basieren darauf, dass die Substanz, deren Diffusion durch das Polymer bestimmt werden soll, einen genügend hohen Dampfdruck besitzt und sich in der Gasphase befindet.

Die LTM bietet die Möglichkeit, simultane Messungen durchzuführen und darüber schnell viele Diffusionskonstanten zu bestimmen. Die Desorptionsmethode hingegen erfordert im Vorfeld eine Dotierung der Polymerfolie mit relevanten Substanzen. Dafür wird das Polymer als Folie mit den Substanzen, deren Desorption gemessen werden soll, extrudiert. Beide Methoden können bis zu 200 °C betrieben werden. Die iGC kann nur bis 150 °C messen. Sie bietet dafür aber die Möglichkeit, die Hintergrundfeuchte einzustellen. Die DVS ist auf den engsten Bereich von 10°C bis 80°C eingeschränkt. Dafür ist an der DVS die Messung unter einem bestimmten Partialdruck möglich z.B. für Wasser (0-95%).

Die komplementären Methoden ermöglichen eine breite Erhebung von Diffusionskonstanten für unterschiedlichste Substanzen bei verschiedenen Temperaturen. Am Fraunhofer IVV sind die Methoden LTM und DM angesiedelt. Am Fraunhofer IFAM werden die iGC und die DVS für die Charakterisierung genutzt.

 

Daten zum Projekt

Projektlaufzeit 01.09.2020 – 31.08.2023
Projektträger / Zuwendungsgeber Förderprogramm „Nachwachsende Rohstoffe“, des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft und der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V
Verbundpartner
  • TECNARO Gesellschaft zur industriellen Anwendung nachwachsender Rohstoffe mbH, Ilsfeld
  • Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM)
Weitere Partner
  • NatureWorks LLC, Minnesota (USA)
  • Linotech, Forst (GER)
  • Surface Measurement Systems, London (UK)
  • TotalEnergies Corbion, Gorinchem (NL)