Menschen, Roboter, Autos und Flugzeuge: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil informiert sich über Fraunhofer IFAM-Forschung im CFK NORD in Stade

Bremen, /

Prof. Dr. Bernd Mayer (Institutsleiter am Fraunhofer IFAM), Silvia Nieber (Bürgermeisterin der Hansestadt Stade), Stephan Weil (Niedersächsischer Ministerpräsident), Petra Tiemann (Abgeordnete im Niedersächsischen Landtag), Dr. Dirk Niermann (Abteilungsleiter am Fraunhofer IFAM) (v. l. n. r.) vor der Anlage zur automatisierten Montage von Flugzeugrümpfen.

Seit dem Start der Forschungsarbeiten im Jahr 2010 hat das Entwicklungszentrum direkt vor den Toren des Airbus-Werks eine weltweite Spitzenposition in der Automatisierung von Produktionsprozessen mit dem leistungsstarken Leichtbauwerkstoff CFK für den Flugzeugbau erreicht. Ein Hauptakteur des Zentrums ist das Fraunhofer IFAM. Es nutzt mehr als die Hälfte der 7000 Quadratmeter großen und 24 Meter hohen Halle des CFK NORD zur Entwicklung von automatisierten Montageabläufen.

Effizienter und ergonomischer: Mensch und Roboter im Zusammenspiel

In dem Großforschungszentrum arbeitet das Fraunhofer IFAM an Lösungen zur Automatisierung der Füge- und Bearbeitungstechnik für Leichtbaustrukturen. Die Wissenschaftler der Abteilung Automatisierung und Produktionstechnik konzipieren für diesen Fortschritt Fertigungsanlagen mit mobilen Industrierobotern. Erstes Ziel dabei ist eine effizientere automatisierte Verarbeitung. Weiterhin gilt es, dem Menschen unangenehme oder gesundheitsbelastende Arbeiten abzunehmen, wie sie etwa aufgrund schwerer Lasten, wenig ergonomischer Einbausituationen oder durch Staub- und Lärmbelastungen entstehen. Auch wenn sehr hohe Anforderungen an Präzision und Geschwindigkeit gestellt werden, ergänzen Roboter und Mensch einander perfekt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass eine starre Automatisierung durch ein flexibles Reagieren auf veränderliche Bauteile oder Aufgabenstellungen ersetzt wird. Die absolut sichere direkte Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter ist dabei ein wichtiger Schritt, um weitere Einsatzfelder zu erschließen.

Standard-Industrieroboter für CFK-Fertigung qualifiziert

In drei abgeschlossenen Großprojekten, die Entwicklungsthemen aus der Montage, Bearbeitung und Bauteilaufnahme zum Inhalt hatten, haben die Fraunhofer-Wissenschaftler richtungsweisende Ergebnisse erzielt. So hat man mit vergleichsweise günstigen Standard-Industrierobotern bei sensorgeführten Arbeiten an den bis zu 13 Meter langen CFK-Bauteilen eine Genauigkeit erreicht, die bisher nur von wesentlich teureren, durch schweren Stahlbau verstärkten Sondermaschinen bekannt war. Die günstigen Industrieroboter aus industrieller Massenfertigung arbeiten von Haus aus für die hohen Anforderungen bei dieser Art der Verarbeitung von großen CFK-Bauteilen nicht präzise genug. Dem Fraunhofer IFAM ist es in Kooperation mit der Technischen Universität Hamburg gelungen, diese Roboter mit Sensoren und einer Software, die im übertragenen Sinne als »korrigierende Brille« wirkt, ausreichend genau zu führen. Damit können die Roboter auf den jeweiligen Fertigungsprozess reagieren und sich individuell anpassen. »Die Roboter können jetzt auch dort eingesetzt werden, wo bisher nicht einmal Sondermaschinen verfügbar waren. Sie nehmen den Montageteams viele der anstrengenden Über-Kopf-Arbeiten beim Montieren verschiedener Komponenten, wie zum Beispiel von Halterelementen im CFK-Rumpf des Airbus A 350 ab, bei denen einiges an Fingerspitzengefühl notwendig ist« erläutert Dirk Niermann.

Flexible und automatisierte Fertigung

Bisher wird in der Serie für jedes CFK-Bauteil eine eigene, starre Stahlaufnahme eingesetzt, welche jeweils hochgenau und damit teuer in der Anfertigung ist. Mithilfe der am Fraunhofer IFAM entwickelten flexiblen Bauteilaufnahme mit integrierten Halterobotern können nun auch Schalenteile von Flugzeugrümpfen verschiedener Durchmesser passgenau für die Montage mit anderen Teilen in Form gebracht werden. Ein weiteres Beispiel für die flexible Fertigung ist eine Anlage, die CFK-Großbauteile bis 13 Metern Länge hochpräzise unter Einsatz von drei Industrierobotern unterschiedlicher Hersteller fräst und bohrt. »Erfreulicherweise haben die bisher erzielten Ergebnisse zu einer Reihe von Folgeprojekten geführt, in denen wir uns hinsichtlich von Bauteilgröße, Flexibilität und Fertigungsprozessen noch höhere Ziele setzen« so Niermann.

Der Abteilungsleiter ist zudem überzeugt, im CFK NORD mit dem Konzept des mobilen, sensorgeführten Roboters für eine flexible Automatisierung auf die richtige Karte gesetzt zu haben: »Damit sind wir auch sehr gut aufgestellt für weitere Herausforderungen intelligenter Automatisierung in Rahmen der Initiative Industrie 4.0«.

Sicherung regionaler Wettbewerbsfähigkeit mit Potenzial für breitflächige Industrialisierung

Das Land Niedersachsen stellte den Großteil der Fördermittel für die genannten Projekte bereit – mit dem Erfolg, dass jetzt zukunftsweisende Technologien insbesondere für die niedersächsischen Werke von Airbus, Premium Aerotec und deren Zulieferer zur Sicherung von Arbeitsplätzen und Wettbewerbsfähigkeit verfügbar sind und bereits für den Einsatz in der Serienproduktion vorbereitet werden. Gemäß dem Ansatz von Fraunhofer, Innovationen und neue Technologien in möglichst vielen Bereichen zur Anwendung zu bringen, sind die Erkenntnisse aus den Projekten in Stade auf andere Industrien übertragbar. Ein Beispiel dafür ist der Automobilbau, der bei zunehmendem Einsatz von CFK zum Teil ähnliche Herausforderungen wird lösen müssen.

 

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