Kleben als Enabler für die grüne Transformation

Neue Herausforderungen an die Klebtechnik aus der Kreislaufwirtschaft

Die Klebtechnik besitzt das Potenzial, die neuen Anforderungen des »Europäischen Green Deal« für die Klimaneutralität mit technischen Innovationen zu erfüllen. Das Kleben trägt wesentlich zur Energieeffizienz von grünen Technologien, wie z. B. Windenergieanlagen, Elektrofahrzeugen oder ökologischem Bauen, bei und ermöglicht nachhaltige Lösungen für die Kreislaufwirtschaft. Dazu ist es notwendig, die Lebenszyklen geklebter Produkte ganzheitlich zu betrachten.

Kleben in der Kreislaufwirtschaft

Produkte aus fast allen Branchen werden geklebt. Der Vorteil ist, dass unterschiedliche Werkstoffe beständig verbunden, dabei die Werkstoffeigenschaften der Fügeteile erhalten und zusätzliche Funktionen wie Dichten oder Isolieren durch die Klebung ermöglicht werden. Gleichzeitig ist das Kleben kreislaufwirtschaftskompatibel. Eine Klebverbindung ist zwar im Gegensatz zu einer Schraubverbindung als »nichtlösbare« Verbindung definiert. Sie ist aber – wie alle anderen Verbindungen auch – zum Zweck der Reparatur oder zum Recycling der Wertstoffe grundsätzlich wieder zu trennen.

Aktuell nimmt die Industrie die Forderung nach Kreislauffähigkeit in die Lastenhefte ihrer Produkte zunehmend auf. Das Fraunhofer IFAM stellt sich dieser neuen Herausforderung und arbeitet deshalb an innovativen klebtechnischen Lösungen im Design, in der Chemie, für die Fertigung und Deassemblierung.

Kleben für die Windenergie

Offshore-Windenergieanlagen stellen aufgrund der guten Windverhältnisse auf hoher See einen zentralen Baustein in der deutschen Energie- und Klimapolitik dar. Die Klebtechnik wird bereits als etablierte Verbindungstechnik von Rotorblättern verwendet. Hier sind in Bezug auf einen geometrieangepassten Klebstoffauftrag Konzepte zu entwickeln, die zukünftig den Klebstoff- und damit Ressourcenverbrauch signifikant reduzieren. Auch in anderen Hauptkomponenten wie der Gründungsstruktur kann die Klebtechnik gewinnbringend eingesetzt werden.

Kleben für die Elektromobilität

Elektromobilität ist ein wichtiges Element für eine klimaneutrale, von fossilen Brennstoffen unabhängige Welt. Gerade wärmeleitfähige Pasten und Klebstoffe tragen zur Leistungsfähigkeit und zur Lebensdauer von Elektrofahrzeugen bei, indem sie einen Wärmeleitpfad zwischen Batteriemodul und Kühlsystem herstellen. Die Materialien besitzen jedoch ein hohes Gewicht, werden in größerer Menge eingesetzt und haben damit Einfluss auf den Energie- und Ressourcenverbrauch. Das Fraunhofer IFAM entwickelt deshalb neuartige Materialkonzepte mit verbesserter Wärmeleitfähigkeit und niedrigem Gewicht bei passenden mechanischen Eigenschaften, serienfähigem Preis und guten Verarbeitungseigenschaften. Die Wiederverwendung und Kreislaufführung der hohen Materialmengen werden zukünftig in den Fokus der Entwicklungen integriert.

Kleben für ökologisches Bauen

Das Fraunhofer IFAM arbeitet an der Entwicklung und baupraktischen Umsetzung von Klebstoffen, die im Sinn einer »kontrollierten Langlebigkeit« die hohen Produktsicherheitsanforderungen in der Produktlebenszyklusphase »Nutzung« wie Festigkeit und Dauerhaftigkeit und die ökobilanzwirksamen Anforderungen der Produktlebenszyklusphase »End-of-Life« noch besser erfüllen.

Debonding und Re-Use von Seltenerdmagneten

Debonding von außenliegenden Permanentmagneten eines Elektromotors.

Weltweit nimmt die Produktion von Elektrofahrzeugen stark zu. Hierbei werden seltene Erden wie Neodym, Praseodym und Dysprosium zur Produktion von Permanentmagneten verwendet.

Diese Magnete werden in Elektromotoren geklebt. Prognosen gehen zukünftig von einer Unterversorgung mit seltenen Erden aus. Dies macht ein Recycling oder eine Wiederverwendung von Magneten bzw. den seltenen Erden immer attraktiver. Für eine sortenreine Trennung muss jedoch die Klebung wieder gelöst werden. Eine Möglichkeit für die sortenreine Trennung von Werkstoffen ist das »Debonding«. Dies kann durch spezielle Trigger erfolgen, die das Lösen der Klebung initiieren. Solche Trigger können mechanischer, thermischer oder chemischer Natur sein. Im Rahmen des durchgeführten Forschungsvorhabens HANNAe wurde eine Vielzahl an Debonding-Trigger experimentell mittels standardisierter Probekörper untersucht. Für die erfolgversprechendsten Debonding-Strategien, wurde eine voll- bzw. teilautomatisierte Deassemblierung konzipiert.