Herstellung verdruckbarer Legierungstinten

Gedruckte leitfähige Strukturen aus Spezial-Legierungen

Das Fraunhofer IFAM besitzt die Kompetenz und Ausstattung zur Herstellung verdruckbarer Metall- und Legierungstinten für spezielle Anwendungen. Diese Tinten aus Speziallegierungen für digitale Drucktechniken eröffnen Chancen für kostengünstige neue Produkte im Bereich der gedruckten Elektronik und Sensorik in verschiedensten Branchen.

Entwicklung druckbarer Tinten und Pasten

Eine Möglichkeit der physikalischen Herstellung verdruckbarer Legierungstinten ist eine chemisch reine Abscheidung von Metallen oder Metalllegierungen aus der Gasphase in verdruckbare Flüssigkeiten. Die physikalische Gasphasenabscheidung (Physical Vapour Deposition) von metallischen Materialien und Legierungen, auch „Sputtern“ genannt, wird im Fraunhofer IFAM mit einer Variante des sog. VERL-Verfahrens (Vacuum Evaporation on Running Liquids) durchgeführt, welches zur Herstellung von Nanodispersionen in Silikonöl oder Diethylenglykol (DEG) zur Anwendung kommt. Hierbei werden Nanopartikel direkt aus der Gasphase in flüssige Medien abgeschieden.

Aus diesen nanoskaligen Dispersionen können funktionale Metalltinten oder Tinten aus Speziallegierungen hergestellt werden, welche mittels digitaler Drucktechnologien wie Inkjet- und Aerosol Jet-Printing verdruckt werden können. Digitale Drucktechnologien weisen dabei gegenüber maskenbasierten Verfahren wie Lithographie oder Siebdruck den Vorteil einfacher Layout-Erstellung und ‑Änderung auf. Dies ermöglicht zudem die wirtschaftliche Herstellung kleiner Stückzahlen von individualisierten Produkten sowie eine schnelle Produktentwicklung. Als additive Methode ergeben sich darüber hinaus eine bessere Ressourceneffizienz und Umweltfreundlichkeit als bei subtraktiven Verfahren, insbesondere kann auf aggressive Chemikalien wie z. B. Flusssäure in Ätzprozessen verzichtet werden.

Die gedruckten Strukturen werden durch einen effizienten Sinterprozess strukturell verdichtet und elektrisch leitfähig gemacht. Neben thermischen Prozessen eignen sich dazu auch photonische Sinterverfahren. Diese photonischen Verfahren ermöglichen dabei auch die Verarbeitung von oxidations­empfindlichen Tinten sowie eine Nachbehandlung auf Substraten mit ein­geschränkter Temperaturbeständigkeit, zu denen viele Standard-Thermoplaste wie Polymethylmethacrylat (PMMA), Polystyrol (PS), Polycarbonat (PC) oder Polyethylenterephthalat (PET) zählen.

Vielfältige Anwendungsbereiche für gedruckte Bauelemente und Sensoren

Diese Kunststoffe werden in vielen Branchen wie z. B. der Verpackungsindustrie, Automobilindustrie und Medizintechnik vielfach eingesetzt und bieten ein großes Potential für funktionalisierte Low-Cost-Devices. Auch für optisch transparente Komponenten spielen diese Kunststoffe eine große Rolle. Neben den metallischen Tinten tragen insbesondere spezielle Legierungstinten dazu bei, neue Anwendungsbereiche für gedruckte Bauelemente oder Sensoren in verschiedenen Branchen zu erschließen. Legierungstinten aus CuNiMn können als gedruckte Dehnmessstrukturen auf unterschiedlichen Substraten in verschiedensten Anwendungen eingesetzt werden.

Gedruckte Heizstrukturen können zur lokalen Erwärmung von Oberflächen in Automotive-Anwendungen, in chemischen Prozessen, in der Biotechnologie, in der Medizintechnik oder in der Gastronomie Anwendung finden. Druckbare Legierungstinten erlauben die Realisierung von gedruckten Funktionsstrukturen auf multifunktionalen Leiterplatten oder auf ultradünnen folienbasierten flexiblen Mikrosystemen mit eingebetteten flachen Komponenten. Aber auch generativ gefertigte („3D-gedruckte“) oder spritzgegossene Bauteile können mit Hilfe der neuartigen Legierungstinten mit zusätzlichen Funktionalitäten ausgestattet werden. Die neuartigen, am Fraunhofer IFAM entwickelten, Legierungstinten leisten damit einen wichtigen Beitrag zum aktuell stark wachsenden Forschungsgebiet der 3D-Elektronik.  

Metalllegierungen für die gedruckte Elektronik

Im Wachstumsmarkt der Gedruckten Elektronik steigt der Bedarf an metallischen Tinten und Pasten kontinuierlich an. Neben Edelmetallen wie Silber (z.B. für Leiterbahnen) und Gold (z.B. medizintechnische Anwendungen) werden druckbare Metalllegierungen (z.B. CuNiMn) für Dehnungs- und Temperatursensoren, für Heizstrukturen oder für hochgenaue druckbare Widerstände benötigt. Für digitale Drucktechniken eröffnen Tinten aus Speziallegierungen dadurch die Chance für kostengünstige neue Produkte im Bereich der gedruckten Elektronik und Sensorik in verschiedensten Branchen.

Besonders vorteilhaft ist dies für kleine Losgrößen und somit auch bei personalisierten Produkten, denn die Layouts können bei den digitalen Drucktechniken mit wenig Aufwand am Computer entworfen und unmittelbar gedruckt werden. Auch sind Layout-Änderungen im Gegensatz zu maskenbasierten Verfahren wie Lithographie oder Siebdruck innerhalb kurzer Zeit ohne größeren Aufwand realisierbar, was eine schnelle kundenspezifische Individualisierung von Produkteigenschaften ermöglicht. Die Forschungsergebnisse des Fraunhofer IFAM können somit entlang der gesamten Wertschöpfungskette bei Unternehmen aus dem Bereich Tintenherstellung, Anlagentechnik, Mikrosystemtechnik, Elektronik, Sensortechnik oder Leiterplattentechnik zu einer Vergrößerung des Produktportfolios und damit zur Erweiterung bestehender oder zur Erschließung neuer Geschäftsfelder beitragen.

© Fraunhofer IFAM
Sputter-Prozess in der VERL-Anlage des Fraunhofer IFAM
© Fraunhofer IFAM
Im Fraunhofer IFAM hergestellte nanopartikuläre Legierungstinte
© Fraunhofer IFAM
Applikation der Legierungstinte auf ein 3D-Bauteil mittels AerosolJet Printing

Im Projekt SpezLe - Gedruckte leitfähige Strukturen aus Spezial-Legierungen hat das Fraunhofer IFAM gemeinsam mit der Hahn-Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung e.V. Tinten aus Speziallegierungen formuliert, die mittels Inkjet und Aerosol Jet Printing verdruckbar sind. Mittels VERL und Nano-VERL Verfahren konnten Tintensysteme aus Legierungen ISOTAN, MANGANIN, AgPd und AgPdCu hergestellt werden. Das Nano-VERL Verfahren ist ein im Rahmen des Projektes entwickeltes alternatives, auf dem VERL-Verfahren basierendes Sputterverfahren. Es soll das Abscheiden nanoskaliger Legierungspartikel von deutlich kleineren Targets in flüssige Dispersionsmedien in kleineren Mengen und damit einfacher, schneller und kostensparender ermöglichen. Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse mit dieser Anlage lassen sich auf weitere Legierungen übertragen und somit die Anwendungsmöglichkeiten des Verfahrens steigern.

Mit den druckbaren Tinten mit ISOTAN-, MANGANIN-, AgPd- und AgPdCu-Nanopartikeln wurden mittels Aerosol Jet Printing Strukturen gedruckt und mit diversen Sinterverfahren gesintert.  Aufgrund der Oxidation von Cu- und Ni-haltigen gedruckten Strukturen wurden photonisches Sintern, Lasersintern, Plasmasintern, NIR-Sintern und eine Ofensinterung unter H2-Atmosphäre getestet. Bei allen Verfahren konnte der Eignungsnachweis durch REM-Aufnahmen und dabei sichtbare gesinterte Nanopartikel erbracht werden. Rissfreie, leitfähige Strukturen mit guter Haftfestigkeit konnten durch photonische Sinterung und Lasersinterung erzeugt werden. Diese Erkenntnisse erweitern die Anwendungsmöglichkeiten der getesteten Druck- und Sinterverfahren.

Bei gedruckten ISOTAN Strukturen wurden die Eigenschaften unter Umweltbedingungen untersucht. Im Vergleich zu den parallel getesteten Ag Strukturen zeigten sich deutlich geringere Widerstandsänderungen. Des Weiteren konnte die Eignung von gedrucktem ISOTAN als Heiz- und Thermoelement anhand eines Demonstrators nachgewiesen werden. Die durchgeführten Versuche zeigen das Einsatzpotential der Speziallegierungen und werden zu einer Vergrößerung des Marktes von gedruckter Sensorik und Elektronik führen.

Das Projekt wurde gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in der Fördermaßnahme der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) - Forschungsvorhaben Nr. 20603 N.

Webinar »Vom Nanopartikel zum smarten System«

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In der Webinar-Reihe »Functional Printing« geben verschiedene Referent*innen des Fraunhofer IFAM Einblicke in aktuelle Fragestellungen der Funktionsintegration durch verschiedene Drucktechnologien.  

In diesem Webinar adressieren Dr.-Ing. Ingo wirth und Tim Rusch die Herstellung verdruckbarer Legierungstinten und erläutern den gesamten Prozess vom »Bulk-Material« über eine funktionelle Tinte zum funktionalisierten Bauteil.

Mehr Informationen zur Webinar-Reihe »Functional Printing«