Gussteile für die Elektromobilität

Höchste Effizienz von der Produktion bis zur Nutzungsphase

Das Fraunhofer IFAM beschäftigt sich bereits seit 2008 mit Elektromobilität und gießtechnischer Herstellung von Komponenten des elektrischen Antriebs. Im Fokus stehen die Entwicklung und Erprobung neuer Gießkonzepte und Konstruktionsweisen für Gussteile des Elektromotors. Mit der Analyse und Bewertung von Gussteilen für den Karosseriebau elektrischer Fahrzeuge wurde das Kompetenzfeld erweitert und widmet sich hierbei insbesondere dem Giga-Casting.

Im Vordergrund der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten steht beispielsweise das Eingießen von Rohr- oder Hohlstrukturen in Gehäuse zur Kühlung von Elektromotoren, Batterien oder der Leistungselektronik. Speziell für Asynchronmaschinen erarbeiten unsere Expertinnen und Experten Maßnahmen zur Optimierung von gegossenen Rotoren. Das patentierte Fraunhofer-Konzept der gegossenen Spule eröffnet ganz neue Möglichkeiten zur Leistungssteigerung bei elektrischen Antrieben gegenüber konventionell gewickelten Drahtspulen für Automobile, Pedelecs, eBikes oder Scooter. Die Anforderungen für eine spätere Übertragbarkeit der Entwicklungen in die Serienfertigung werden stets berücksichtigt.

Durch unsere interdisziplinäre, enge Zusammenarbeit zwischen den Bereichen »Gießereitechnologie« und »Elektromobilität« entsteht eine optimale Know-how-Konstellation, die eine gesamtheitliche Betrachtung von fertigungstechnischen Aspekten mit gießtechnischem Schwerpunkt, konstruktiver Gestaltung und elektromagnetischer Auslegung zur erfolgreichen Herstellung von Komponenten für elektrische Antriebe ermöglicht.

 

Unsere Forschungsschwerpunkte:

© Fraunhofer IFAM
Modulares Gehäusekonzept einer Traktionsbatterie für Elektrofahrzeuge mit gießtechnisch integrierter Kupferleiter-Kühlstruktur, hergestellt im Aluminium-Niederdruckguss.

Gehäuse für elektrische Antriebe, Batterie, Brennstoffzelle und Leistungselektronik

Motorblock, Getriebegehäuse, Ölwanne – alle diese Gussteile haben mit der rasanten Transformation zur Elektromobilität das gleiche Schicksal erfahren und werden ersetzt durch Gehäuse für den Stator, die Batterie, die Brennstoffzelle oder deren Leistungselektronik im elektrischen Antrieb. Das Fraunhofer IFAM begleitet auf diesem Weg der Transformation und bietet wissenschaftliche Unterstützung, innovative Konzepte sowie bewährte Lösungen für die gießtechnische Herstellung von Gehäusekomponenten.

Einen Schwerpunkt bildet die Identifikation und Bewertung von Technologietrends und Marktpotenzial für neue Gehäusekonzepte. Ergänzend liegt der Fokus insbesondere auf dem Einsatz alternativer, kreislauffähiger Werkstoffe, der Demontagefähigkeit von Gehäusen und dem Recycling der eingesetzten Werk- bzw. „Wertstoffe“ sowie des Life Cycle Assessment (LCA) von der Herstellung bis zur Nutzungsphase neuer Gehäusekonzepte.

Umfangreiches Knowhow bietet das Fraunhofer IFAM bei der Technologiekompetenz zum Eingießen von Rohren und Hohlstrukturen aus Aluminium, Kupfer oder Stahl unter Einsatz von Füllstoffen zur Stabilisierung – und ohne! Die langjährige Erfahrung im Hybrid- und Verbundguss ergänzt dieses Kompetenzfeld, um Rohre und Hohlstrukturen mithilfe von form- oder stoffschlüssiger Verbindung an das Aluminiumgehäuse anzugießen, statt diese vollständig umgießen zu müssen.

 

Unser Leistungsangebot:

  • Design- und Konzepterstellung für Gehäuse des elektrischen Antriebs
  • Prozess- und Werkzeugkonzepte für die gießtechnische Herstellung
  • Eingießen von Rohren und Hohlstrukturen
  • Verbundgießen mit Blechen und Profilen
© Fraunhofer IFAM
Druckguss-Gehäuse mit eingegossenen Stahlrohren.
© Fraunhofer IFAM
Abgleich von Simulation in der Entwicklungsphase und Fülltest in der experimentellen Erprobungsphase zum Eingießen von Rohren im Druckgießverfahren.

Eingießen von Rohren und Hohlstrukturen

Zur Elektrifizierung von Fahrzeugen stehen drei Baugruppen im Fokus: der Elektromotor, die Batterie und die Leistungselektronik. Elektrische Antriebe werden bei reduzierter Baugröße zunehmend leistungsfähiger, dies erfordert eine erhöhte Wärmeabfuhr über flüssigkeitsführende Kühlkanäle innerhalb der Gehäuse aller drei Baugruppen. Um die am Markt benötigten Stückzahlen abdecken zu können werden diese Gehäuse vorwiegend im Aluminium-Druckgießverfahren herstellt. Eine der größten Herausforderung stellt dabei – bis heute – die gießtechnische Darstellung der erforderlichen Kühlstrukturen bzw. Hohlräume im Druckgießverfahren dar. Favorisiert ist das einschalige Gehäuse, was derzeit nur durch Einsatz technisch aufwändiger, limitiert verfügbarer und ebenfalls kostenintensiver verlorener Kerne (z.B. als wasserlöslicher Salzkern) oder durch das Eingießen von Stahlrohren möglich ist.

Das Fraunhofer IFAM widmet sich intensiv der Technologieentwicklung zum Eingießen von Aluminium-Hohlstrukturen. Diese bieten gegenüber Stahlrohren Vorteile wie bspw. höhere Wärmeleitfähigkeit, einen angepassten thermischen Ausdehnungskoeffizienten, geringes Gewicht und Korrosionsfreiheit.

Ein Schwerpunkt liegt in der simulationsgestützen Vorhersage und Analyse des „Kollapsverhaltens“ der einzugießenden Rohre sowie der stabilisierenden Wirkung etwaiger Füllstoffe und Stabilisierungskonzepte.

Neben dem Eingießen vorgefertigter Hohlstrukturen wie Rohre oder andere Halbzeuge spezialisiert sich das Fraunhofer IFAM auf das Eingießen von additiv gefertigten „3D gedruckten“ Hohlkörpern und -strukturen aus Aluminium. Hierdurch können beispielsweise innere Stützstrukturen realisiert werden, die basierend auf bionisch motivierten Geometrien neben hoher stabilisierender Wirkung (bis 1.000 bar Nachdruck im Druckgussprozess) zudem die thermische Wärmeableitung und somit Kühlleistung der Gehäuse optimieren können.

 

Unser Leistungsangebot:

  • Eingießen von Rohren mit / ohne Füllstoffe
  • Angießen von Rohren mit form- / stoffschlüssiger Anbindung
  • Neuartige Füllstoffkonzepte und -materialien zur Stabilisierung im Druckgussprozess
  • Additiv gefertigte Hohlstrukturen zum Einsatz im Druckgussprozess
  • Strukturmechanische Auslegung und Simulation für einzugießende Rohre
  • Thermische Simulation des Gießprozesses für einzugießende Rohre
  • Versuchswerkzeuge für Druckgussversuche
  • Prüfstand zur Messung der thermischen Performance eingegossener Rohre
  • Vollständige Qualitätsprüfungskette für Prototypen
© AUDI AG
Schematische Darstellung eines Elektromotors mit gegossenem Rotor.
© Fraunhofer IFAM
Neuartige Vollkörper-Computertomographie eines im Aluminium-Druckguss hergestellten Rotors einer Asynchronmaschine.

Gegossene Rotoren für Asynchronmaschinen

Aus Aluminium oder Kupfer gegossene Rotoren werden bei sogenannten Asynchronmaschinen eingesetzt, in denen der Rotor vom elektrischen Feld der Spulen angetrieben wird und die im Elektromotor erzeugte Kraft auf die Rotorwelle überträgt. Diese Rotoren werden vorzugsweise im Druckgießverfahren hergestellt, indem ein Blechpaket in das Druckgießwerkzeug eingelegt und darin befindliche, axial durchgängige Nuten mit elektrisch leitfähiger Metallschmelze infiltriert werden.

Das Fraunhofer IFAM bietet Unterstützung bei der gesamten Prozesskette zur Entwicklung von Rotoren für Asynchronmaschinen. In Zusammenarbeit mit der Abteilung „Elektrische Antriebe“ werden Rotoren elektromagnetisch ausgelegt, simuliert und bewertet, Blechpakete konstruiert und Prototypen im Laserschneidverfahren hergestellt. In Vorbereitung zur gießtechnischen Herstellung werden Konzepte hinsichtlich Blechpaket- und Werkzeugdesign erstellt und bewertet. Das Gießen der Rotoren kann wahlweise im Druckgieß- sowie Niederdruckgießverfahren auf der Anlagentechnik des Fraunhofer IFAM durchgeführt werden. Zur Analyse und Bewertung der Gussqualität in den Nutstableitern können die weltweit einmalige Vollkörper-Computertomographie eingesetzt werden, während die Messung und Bewertung der elektrischen Performance von gegossenen Rotoren durch spezielle Leistungsprüfstände ermöglicht wird. Nur eine gesicherte Material- und Produktqualität bietet eine stabile Serienproduktion und ermöglicht der Elektromobilität höchste Performance und Fahrspaß.


Unser Leistungsangebot:

  • Gießen von Rotoren im Aluminium-Druckguss oder Niederdruckguss
  • Auslegung von Blechpaket- und Kurzschlussringdesign
  • Design für Angusssysteme und Werkzeugkonzepte
  • Bildgebende Fehleranalyse, Qualitätsbewertung und Leistungsprüfung
© Fraunhofer IFAM
Schematische Darstellung der optimieren Nutfüllung bei einer gegossenen Spule im Vergleich zu konventionell gewickelten Spulen.
© Fraunhofer IFAM
Im Druckgießverfahren hergestellte Spule aus Aluminium für einen eBike-Antrieb.
© Fraunhofer IFAM
Stator mit gegossenen Spulen aus Aluminium (Al 99,7).

Gegossene Spulen (Cast Coil)

An Wicklungen elektrischer Maschinen werden vielfältige Anforderungen gestellt. Die maximale Performance der elektrischen Maschine soll einerseits durch einen hohen Nutfüllfaktor und somit möglichst gute Ausnutzung des zur Verfügung stehenden Bauraums erzielt werden. Andererseits muss eine möglichst gute Kühlung der Leiter gewährleistet und die Entstehung von Zusatzverlusten durch Stromverdrängung vermieden werden. Übergreifend besteht der Wunsch nach kostengünstiger und automatisierbarer Fertigung und Montage der Spulen.

Vom Fraunhofer IFAM wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem eine gießtechnische Fertigung von Spulen für elektrische Maschinen ermöglicht wird. Die mit diesem Verfahren herstellbaren Spulengeometrien mit flacher Leiteranordnung bieten entscheidende Vorteile gegenüber konventionell hergestellten Wicklungen. Die gießtechnische Herstellung kann wahlweise im Druckguss, Niederdruckguss oder Feinguss erfolgen und die Spulen können aus Kupfer als auch Aluminium gegossen werden.

 

Unser Leistungsangebot:

  • Gießen von Spulen als Prototyp oder Kleinserie im Druckguss, Niederdruck- und Feinguss
  • Spulen aus Aluminium oder Kupfer
  • Verschiedene Dimensionen (von 30 bis 700 mm Leiterlänge)
  • Neue Spulenkonzepte, z. B. mit integrierter Kühlstruktur
  • Elektromagnetische Simulation und konstruktive Gestaltung der Spulengeometrie
  • Wirtschaftslichkeitsbetrachtungen
© Fraunhofer IWS
Fraunhofer Leitprojekt „FutureCarProduction“ zur Bewertung und Entwicklung integraler Karosseriekonzepte, u.a. durch Einsatz von Giga-Casting Strukturdruckguss.
© Fraunhofer IFAM
Verbundguss mit Aluminium-Profilstrukturen für Fahrwerks- und Karosserieanwendungen von Elektrofahrzeugen.

Giga-Casting im Karosseriebau der Zukunft

Mit der Transformation zur Elektromobilität durchlebt nicht nur die Automobilbranche derzeit den größten Wandel ihrer Geschichte. In der Druckgussfertigung großformatiger Strukturgussteile für den Karosseriebau hat das sogenannte Giga- oder Mega-Casting einen Technologieboom und ein Wettrennen nie erwarteter Größenordnung hin zu Schließkräften von bis zu 12.000 t ausgelöst. Im Fokus stehen als Gussprodukte derzeit großformatige Karosseriestrukturen sowie Gehäuse für Batterien.

Das Fraunhofer IFAM widmet sich der Analyse und Bewertung dieser Technologiekonzepte seit Aufkommen des Giga-Castings im Sommer 2020 und ist in zwei Schwerpunkten aktiv: der Technologieanalyse sowie der Nachhaltigkeitsbewertung.

Das Giga-Casting Konzept stellt weltweit etablierte Design- und Produktionsweisen für den Karosseriebau infrage, indem hoch integrierte Großgussteile in einem Stück aus Aluminium gegossen werden und somit ganze Karosseriesegmente ersetzen, die bisher aus vielen Einzelblechen und -komponenten gefügt wurden. Das Fraunhofer IFAM widmet sich der Optimierung bei Material- und Produktqualität, Reparaturfähigkeit und Crashsicherheit von Großgussteilen. Ein wichtiger Baustein ist die Analyse und Bewertung der Möglichkeiten zum Einsatz von Sekundärlegierungen, um den steigenden Anforderungen zu mehr Nachhaltigkeit gerecht zu werden.

Ein großes Konsortium mehrerer Fraunhofer-Institute entwickelt dazu ganzheitliche Lösungsansätze für die Bewertung neuer Karosseriekonzepte der Automobilindustrie. Das Fraunhofer IFAM widmet sich hierbei dem Fokus auf Großguss-Technologien. Methoden, Prozesse und Technologien gilt es zu etablieren, mit denen die ökologische Nachhaltigkeit methodisch bewertet und technologisch gewährleistet werden kann im Zielkonflikt mit technischer Performance und Kosten.

 

Unser Leistungsangebot:

  • Technologiebewertung und Potenzialanalysen
  • Einsatz von Sekundärlegierung
  • Alternativen zum Giga-Casting