Fluorfrei in die Zukunft

PFAS-freie Alternativen bei PFAS-Verbot in der EU

Das von der ECHA geplante EU-weite Verbot von per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (kurz: PFAS) führt derzeit bei vielen Unternehmen zu großen Sorgen. PFAS zeichnen sich durch herausragende technische Eigenschaften aus und kommen daher in den unterschiedlichsten Branchen zum Einsatz. Mittlerweile ist jedoch bekannt, dass sich die Chemikalien in Mensch und Umwelt anreichern und negative Auswirkungen auf Ökosysteme und die Gesundheit haben.  Aufgrund des daher drohenden Verbots von PFAS sind Alternativen mit vergleichbaren Eigenschaften gefragt. Das Fraunhofer IFAM arbeitet bereits seit vielen Jahren an der Entwicklung von fluorfreien Beschichtungen und bietet nachhaltige Lösungen für Anti-Haft-, Gleit- und hydrophobe Beschichtungen an. 

 

»Ewigkeitschemikalien« stellen eine Gefährdung für Mensch und Umwelt dar

Ob Pfannen, Textilien, Filter oder Verpackungen – PFAS werden in den verschiedensten Alltagsprodukten und Prozessen eingesetzt. Ausschlaggebend dafür sind ihre besonderen physikalisch-chemischen Eigenschaften: Die Stoffe besitzen eine hervorragende Anti-Haft-Wirkung, ausgezeichnete Gleiteigenschaften und sind hydrophob sowie oleophob. Diesem positiven Nutzen der PFAS stehen jedoch schwerwiegende negative Auswirkungen gegenüber. Die auch als »Ewigkeitschemikalien« bekannten Fluor-Verbindungen sind äußerst stabil, d.h. sie bauen sich nicht ab und reichern sich somit stetig in der Umwelt (z.B. in Böden, Trinkwasser und Lebensmitteln) an. Bei Temperaturen über 350°C können PFAS extrem toxische Substanzen bilden. Die Beschichtungen zeigen darüber hinaus häufig eine schlechte Haftung zum Untergrund und werden mit der Zeit abgetragen. So können sie beispielsweise in den menschlichen Körper gelangen und dort u.a. Hormonstörungen und Krebs verursachen.

Aus diesem Grund erwägt die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) ein Verbot der Herstellung, Verwendung und des Inverkehrbringens von PFAS. Eine Entscheidung der Europäischen Kommission darüber ist laut Umweltbundesamt voraussichtlich 2025 zu erwarten.    

 

Fluorfreie Lösungen aus dem Fraunhofer IFAM

Eines ist jedoch jetzt schon klar: Sollte das Verbot tatsächlich in Kraft treten, wird dies viele Unternehmen vor große Herausforderungen stellen. Um Prozesse und Produktion aufrecht erhalten zu können, müssen alternative Lösungen her. Die Plasmatechnik bietet hierfür ideale Voraussetzungen. Plasmaschichten sind chemikalienfrei und lassen sich auf nahezu allen Werkstoffen aufbringen. Einige der Schichten eignen sich aufgrund ihrer Eigenschaften besonders gut als PFAS-Ersatz. Dazu gehören:

 

Anti-Haft-Beschichtungen

Die plasmapolymeren Anti-Haft-Beschichtungen sind vor allem in der Lebensmittelindustrie, aber auch in anderen Bereichen wie der Entlackung oder der Herstellung von Faserverbundkunststoffbauteilen, sehr gefragt. Neben ihren hervorragenden Anti-Haft-Eigenschaften zeichnen sich die Schichten vor allem durch ihre Haftfähigkeit auf nahezu allen Substratwerkstoffen sowie ihr hydrophobes Verhalten aus. Somit lassen sie sich zum Beispiel optimal zur Beschichtung von Pfannen/Kochgeschirr oder Formwerkzeugen einsetzen.

 

Gleitbeschichtungen

Gleitbeschichtungen können sowohl die Lebensdauer von Produkten verlängern als auch zu einer hohen Energieeinsparung beitragen. Neben den eher gängigen tribologischen Beschichtungen für metallische Werkstoffe lassen sich mittels Plasmaverfahren insbesondere auch reibungs- und verschleißmindernde Beschichtungen für Elastomere erzeugen. Diese können u.a. für Gleitlager und Dichtringe verwendet werden.

 

Hydrophobe Beschichtungen

Hydrophobe, d.h. wasserabweisende Beschichtungen werden vor allem für Textilien oder Filtermaterialien benötigt. Die auf siliziumorganischer Basis hergestellten Schichten ermöglichen beispielsweise das Trennen von Öl-Wasser-Gemischen, das Abperlen von Wasser auf Oberflächen und schützen vor aggressiven Chemikalien. Durch Kombination mit geeigneten Mikro- und Nanostrukturen lassen sich zudem dauerstabile ultrahydrophobe Eigenschaften erzielen.

 

Viele dieser Beschichtungen kommen bereits in der industriellen Anwendung erfolgreich zum Einsatz.

 

Auch die Gasphasenfluorierung könnte in Zukunft verboten werden

Aufgrund der aktuellen Entwicklungen ist absehbar, dass in naher Zukunft auch das Verfahren der Gasphasenfluorierung untersagt werden könnte. Dieses wird häufig genutzt, um z.B. Silikonelastomeren eine bessere Haftung oder höhere Beständigkeit zu verleihen. Die Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer IFAM haben auch hier eine adäquate Alternative entwickelt. Anstelle von Fluorgas wird VUV-Strahlung verwendet, um die Oberflächen von Silikonen zu modifizieren. Dabei bleiben die positiven mechanischen Eigenschaften der Silikone erhalten, während die veränderten Oberflächeneigenschaften als Funktionsschicht neue Applikationen ermöglichen. Die Anwendungen reichen von Prothesen über Schnuller bis zu Gerätedichtungen.

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Artikel: »PFAS-Verbot: Fast so gut und besser«, © TECHNIK+EINKAUF, Ausgabe November 2023