Neue Generation von Wärmeleitklebstoffen und Gapfillern für die Wärmeableitung von Batterien in E-Autos
Beim Beschleunigen, Abbremsen und Aufladen von Elektrofahrzeugen Erwärmen sich Batterie, Antriebsstrang und Leistungselektronik eines Elektrofahrzeugs stark. Diese Wärme muss schnell abgeführt werden, um diese Elemente vor Überhitzung zu schützen. Durch eine hoch wärmeleitende, beständige Verbindung der Elemente mit den Kühlsystemen kann eine starke Antriebsleistung, schnelles Laden und eine lange Lebensdauer der Fahrzeuge gewährleistet werden. Dies ist mit anwendungsspezifisch optimierten TIM (Thermal Interface Materials) möglich.
Im Umfeld der Elektromobilität unterscheidet man bei den TIM zwischen Gapfiller und TCA (Thermally Conductive Adhesives bzw. Wärmeleitklebstoffen). Beide Materialklassen basieren auf Polymeren, denen zur Wärmeleitung ein hoher Anteil, meist anorganischer, Füllstoffe zugefügt ist. Die Gapfiller sind in der Regel weiche Materialien und können nur sehr geringe mechanische Lasten übertragen. Dies bietet Vorteile bei der Reparatur und Deassemblierung der Batterien. Demgegenüber sind TCA nach der Härtung ihres polymeren Anteils deutlich fester, ihre Haftung zu Oberflächen ist hoch. TCA werden daher als wärmeleitfähige Klebstoffe eingesetzet, um Komponenten der Batterie, der Leistungselektronik oder des Antriebstrangs mechanisch dauerhaft kraftübertragend zu kleben und gleichzeitig eine hohe Wärmeableitung zu ermöglichen. Hinzu kommen wärmeleitfähige Vergussmassen für den Schutz von Elektronikbauteilen gegenüber Umwelteinflüssen durch deren Kapselung und gegenüber Überhitzung.
Im Bereich der Fahrzeugbatterien stellen TIM einen Wärmeleitpfad zwischen Batteriemodul und Kühlsystem her und sorgen dafür, dass die Abwärme der Batterien schnell in die Umgebung abgeführt wird. Pastöse Materialien zur Wärmeleitung werden schon lange in kleinsten Mengen in der Mikroelektronik angewendet, um beispielsweise als silberhaltige Wärmeleitpaste elektronische Bauteile und Kühlkörper thermisch anzukoppeln. Zur Kühlung der Komponenten in E-Autos sind jedoch viel größere Mengen an TIM notwendig. Sie müssen spezifische Anforderungen erfüllen, werden anders verarbeitet und müssen deutlich günstiger sein. Die Anforderungen der Automobilindustrie an TCA und Gapfiller erzeugt daher einen hohen Bedarf an Materialforschung, klebtechnischer Entwicklung und Methoden zur Fertigung.
Optimierung bisheriger Gapfiller- und TCA-Konzepte
Das Fraunhofer IFAM hat das Forschungsprojekt OWES (Optimierte Wärmeableitung aus Energiespeichern für Serien-Elektrofahrzeuge) unter der Leitung der Audi AG forschungsseitig betreut. In OWES wurden verschiedene materialwissenschaftliche und fertigungstechnische Lösungen für die Wärmeableitung erarbeitet. Das derzeit laufende Anschlussprojekt nekztOWES inkludiert die ökologische und ökonomische Effizienz der Technologien. Beide Forschungsprojekte sind durch eine Förderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ermöglicht worden.
Zu den Schwerpunkten der Projekte gehören:
- Die Optimierung von TIM durch verbesserte Füllstoffe,
- der Einsatz alternativer (kostengünstigerer, leichterer) Füllstoffmaterialien,
- neuartige innovative Wärmeabführungskonzepte (zum Beispiel Leitfähigkeitsgewebe),
- die Entwicklung von Prüf- und Simulationsmethoden, auf deren Basis Materialien hinsichtlich ihrer Eignung für den Einsatz bewertet werden können,
- die Optimierung der Serienverarbeitung von hochgefüllten TIM und Analyse des Verschleißes von Dosiersystemen,
- Charakterisierungsversuche des Materialverhaltens zur Vorhersage der Alterung von Verbindungen mit TIM und Vorhersage des Fließ- und Härtungsverhaltens bei der Verarbeitung und
- Entwicklung zur Materialeffizienz durch Materialeinsparung und Rückgewinnung von Werkstoffen.
Durch die Forschungsprojekte wurde ein Squeezeflow-Versuch zur Messung der Verpressbarkeit von TIM industriell etabliert: Zur Verarbeitung in der Serienproduktion müssen die Fließeigenschaften, also die Rheologie der Wärmeleitklebstoffe und Gapfiller, genau auf den Produktionsprozess abgestimmt sein. Das Fraunhofer IFAM hat ein eigenes Verfahren entwickelt, um Kraft und Gegendruck beim Verpressen von TIM zu prognostizieren: den sogenannten Squeezeflow-Versuch. Dies ist unter anderem für die Montage der Batteriezellen relevant, wenn diese in das TIM eingedrückt werden. Beim Einsetzen der Batteriezellen in das mit TIM gefüllte Batteriegefache sind der Druckempfindlichkeit der Zellen Grenzen gesetzt. Um das Einpressen innerhalb der zur Verfügung stehenden Taktzeit zu realisieren, muss das TIM ein genau abgestimmtes Fließverhalten aufweisen. Die Presskräfte dürfen einerseits nicht zu hoch sein, anderseits darf das TIM nicht zerfließen. Zum virtuellen Erproben des Verpressens von TIM bei der Montage der Batteriezellen werden gekoppelte Fluid-Struktursimulationen mit hoher Prognosequalität eingesetzt. Die Gesamtpalette der am Fraunhofer IFAM erarbeiteten Grundlagen ermöglicht eine schnelle und fortlaufende Optimierung von Material und Prozess durch ausgereifte materialwissenschaftliche und virtuelle Werkzeuge.
Die industriellen Anforderungen an TIM steigen stetig. Neuere Formulierungen von TIM fokussieren nicht mehr eine möglichst hohe Wärmeleitung, sondern kombinieren spezifisch diese Forderung mit anderen Anforderungen an das Produkt. Diese können eine reduzierte Dichte, eine Haftung auf bestimmten Oberflächen, verbesserte mechanische Charakteristiken, passende Verarbeitungseigenschaften oder die Möglichkeit zum Debonding oder Recycling sein.
Angebote für eine umfassende Charakterisierung von TIM (Gapfiller und TCA)
Die Auswahl des richtigen Wärmeleitklebstoffs oder Gapfillers für Anwendung und Fertigungsprozess basiert auf der Bestimmung verschiedener Materialeigenschaften. Die Expertinnen und Experten des Fraunhofer IFAM unterstützen Sie gerne dabei, mögliche TIM für Ihren individuellen Zweck auszuwählen oder ihre Materialien unabhängig umfassend zu qualifizieren. Dazu gehören Wärmeleitfähigkeit, mechanische Eigenschaften, Alterung, Verarbeitungs-, Härtungs- und nicht zuletzt Demontageeigenschaften. Letztere müssen den Austausch einzelner Zellen ermöglichen, falls ein Defekt der Batterie auftritt. Das Fraunhofer IFAM unterstützt Sie bei der Charakterisierung und Qualifizierung von Wärmeleitpasten und widmet sich darüber hinaus auch der Entwicklung neuartiger TIM mit verbesserter chemischer Formulierung und der Optimierung spezifischer Fertigungsprozesse.
Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM