Biofouling und Korrosion vermeiden

Biozidfreier Bewuchsschutz und strömungsoptimierte Oberflächen für die maritime Industrie

Prüfung von Bewuchsschutzbeschichtungen
© Fraunhofer IFAM
Prüfung von experimentellen Bewuchsschutzbeschichtungen in einer statistischen Versuchsanordnung auf einem Auslagerungsrahmen auf dem Prüfstand des Testzentrums für Maritime Technologien
Unterwasser-Lander des Fraunhofer IFAM
© Fraunhofer IFAM
Kubusförmiger Unterwasser-Lander des Fraunhofer IFAM zur Prüfung von Beschichtungen am Meeresboden vor Helgoland

Funktionelle Beschichtungen sind ein wichtiger Bestandteil der maritimen Industrie. Sie schützen Schiffe und andere maritime Technologien vor Korrosion und Biofouling. Am Fraunhofer IFAM werden innovative Beschichtungstechnologien und Materialien erforscht, um eine effektive und dauerhafte Widerstandsfähigkeit gegen Biofouling, Korrosion und mechanischen Abrieb, zum Beispiel durch Unterwasser- Reinigungsverfahren, zu erzielen. Dadurch können die Betriebskosten gesenkt, die Lebensdauer verlängert und der Umweltschutz verbessert werden. Die Entwicklung von leistungsstarken Bewuchsschutzbeschichtungen ist ein wichtiger Schritt hin zu einer nachhaltigen maritimen Industrie, die sich zukünftig u.a. auf die Klimaneutralität von Schiffen und den Ausbau erneuerbarer Energien auf See konzentriert.

 

Maritime Forschung für die Entwicklung nachhaltiger Technologien

Die maritime Industrie ist eng mit der globalen Wirtschaft verbunden und spielt eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen. Gleichzeitig sind die negativen Auswirkungen des Schiffsbetriebs auf die Umwelt enorm. Da die Anforderungen an Umweltschutz und Nachhaltigkeit jedoch stetig steigen, sind innovative Technologien gefragt. Von der Entwicklung effizienterer Antriebssysteme bis hin zur Erforschung alternativer Energiequellen wie Wind-, Solar- und Wellenenergie gibt es viele Bereiche, in denen die maritime Forschung vorangetrieben wird. Einen zentralen Faktor hierbei stellt die Beschichtungstechnologie dar.

 

Biofouling vermeiden: Innovative Beschichtungen für nachhaltigen Bewuchsschutz in der Schifffahrt

Der Schutz von Schiffsoberflächen gegen Fouling hat für die maritime Industrie eine enorme Bedeutung. Der Bewuchs auf Schiffsrümpfen erhöht den Treibstoffverbrauch und die damit verbundenen CO2-Emissionen erheblich. Das hat nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Nachteile zur Folge. Aus diesem Grund sind neue, leistungsfähige Beschichtungstechnologien gefragt, die zudem umweltfreundlicher sind und den spezifischen Herausforderungen der maritimen Einsatzumgebung standhalten.

Die Ansprüche an diese Beschichtungen sind hoch: Sie müssen kosteneffizient sein und eine lange Produktlebensdauer aufweisen. Darüber hinaus müssen sie einen geringen Strömungswiderstand aufweisen, da dieser den Treibstoffverbrauch und somit die Kosten signifikant reduzieren kann. Laut wissenschaftlicher Studien kann ausgeprägtes Biofouling den Strömungswiderstand von Schiffen um mehr als 40 Prozent erhöhen. Ein Anstieg des Treibstoffverbrauchs und damit auch der Treibhausgasemissionen ist die Folge, der selbst bei geringeren Bedeckungsgraden und Biofilm um bis zu 40 Prozent, und je nach Schiffsgeschwindigkeit sogar bis zu 50 Prozent betragen kann. So steigen nicht nur der ökologische Fußabdruck von Schiffen bzw. der transportierten Güter, sondern auch die Betriebskosten für Schifffahrtsunternehmen. Die IMO beziffert den Anteil der Treibstoffkosten an den Gesamtbetriebskosten eines Schiffes mit 50 bis 60 Prozent.

Zudem sind weitreichende, regulatorische Anforderungen für das Biofouling-Management an Schiffen zu erfüllen. Zahlreiche Länder und die IMO haben Gesetze und Vorschriften für den Schiffsbetrieb mit dem Ziel erlassen, die Emissionen von Schiffen zu reduzieren (bspw. EEXI und CII). Daher ist es erforderlich, dass die Beschichtungen den aktuellen Umwelt- und Sicherheitsstandards entsprechen. Sie müssen in der Lage sein, die Freisetzung umweltbelastender Stoffe zu minimieren und gleichzeitig eine hohe Leistungsfähigkeit aufrechterhalten. Hier liegt die eigentliche Herausforderung, der sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Fraunhofer IFAM annehmen. Sie erforschen innovative Beschichtungen, die nicht nur die Adhäsion von Biofouling verringern, sondern auch eine effektive und dauerhafte Widerstandsfähigkeit gegen mechanischen Abrieb und verschiedene Reinigungsverfahren aufweisen. Das Ziel besteht darin, neben dem Bewuchsschutz auch den Degradationsschutz zu verbessern, um eine längere Lebensdauer der Beschichtungen zu gewährleisten. Hierfür werden unterschiedliche Materialien und Technologien getestet, um den besten Kompromiss zwischen Performance, Haltbarkeit und Umweltfreundlichkeit zu finden.

 

Biobasierte Beschichtungen auf Basis nachwachsender Rohstoffe

Ein wesentliches Ziel der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten am Institut liegt deshalb darin, den Einsatz von Bioziden zu reduzieren oder sogar ganz zu vermeiden. Denn viele herkömmliche Beschichtungen enthalten Substanzen, die für das marine Ökosystem schädlich sind und sich in der Nahrungskette und den marinen Sedimenten anreichern können. Daher laufen Bestrebungen den Anteil biologisch abbaubarer Beschichtungsbestandteile in den Formulierungen zu erhöhen, zum Beispiel durch die Nutzung von Polyhydroxyalkanoaten (PHAs) und Polysacchariden.

 

Laborprüfungen und Freilandtests

Um ihre Wirksamkeit und Beständigkeit zu testen, erfordert die Entwicklung neuer Beschichtungen umfangreiche Labortests. Dabei werden die Beschichtungen in standardisierten Umgebungen getestet, um eine Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Formulierungen zu gewährleisten. Die Tests umfassen die Messung der Haftung, des Kontaktwinkels, der Härte, der Kratzfestigkeit, der Flexibilität, der Korrosionsbeständigkeit und die Beständigkeit gegenüber Salzwasser. 

Laboruntersuchungen allein reichen jedoch nicht aus, um die tatsächliche Leistungsfähigkeit von Beschichtungen in realen Einsatzumgebungen zu bewerten. Es ist daher wichtig, zusätzlich Freilandtests durchzuführen, um die Wirksamkeit und Beständigkeit neuer Beschichtungen in einer realen maritimen Umgebung zu testen.

Die Freilandtests beinhalten die Installation von Testpanels auf der Oberfläche eines Schiffes oder an geeigneten Feldprüfständen und die Überwachung des Bewuchses über einen bestimmten Zeitraum. Die Panels werden dann entnommen und das Biofouling nach standardisierten Verfahren (z.B. ASTM D 6990: (2020) Standard Practice for Evaluating Biofouling Resistance and Physical Performance of Marine Coating Systems) analysiert, um die Wirksamkeit der Beschichtung zu bewerten.

Das Fraunhofer IFAM verfügt an seinem Standort Bremen über umfangreiche Laborprüfverfahren, die zur Neu- oder Weiterentwicklung von funktionellen Beschichtungen eingesetzt werden. Darüber hinaus betreibt das Institut mit dem Testzentrum für Maritime Technologien auf der Insel Helgoland ein breites Spektrum an maritimen Prüfständen zur anwendungsnahen Erprobung von Korrosions- und Bewuchsschutzbeschichtungen unter realen statischen oder dynamischen Lastfällen.

Insgesamt bleibt der Bewuchsschutz eine der wichtigsten Herausforderungen in der maritimen Industrie, insbesondere in der kommerziellen Schifffahrt. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Beschichtungen sowohl umweltfreundlich als auch leistungsfähig sind und den spezifischen Anforderungen entsprechen. Die Herausforderungen bei der Beschichtungsentwicklung erfordern eine enge Zusammenarbeit zwischen Forschung, Industrie und Regulierungsbehörden, um die bestmöglichen Lösungen für die globale Schifffahrt zu finden. Die Entwicklung von Bewuchsschutzbeschichtungen für Schiffe ist ein wichtiger Forschungsschwerpunkt im Geschäftsfeld Maritime Technologien. Die Wissenschaftler:innen des Fraunhofer IFAM unterstützen Sie gerne bei der Neu- und Weiterentwicklung von Beschichtungen und liefern Ihnen ein maßgeschneidertes Prüf- und Testszenario für Ihre Produkte.

Downloads

Artikel:  »Integriertes Beschichtungs- und Reinigungskonzept zur Bewuchskontrolle an Offshore-Strukturen«, erschienen in der Fachzeitschrift Schiff&Hafen (03/2024)

 

Artikel: »Mit blauen Lasern gegen Biofouling«, erschienen in der Fachzeitschrift Schiff&Hafen (12/2023)