Steigerung der Roboterpräzision durch steuerungsseitige Fehlerkompensation

Preisgünstige Industrieroboter haben sich weltweit als Allrounder in der automatisierten Produktion etabliert. Die stetige Systemverbesserung erlaubt mittlerweile auch ihren Einsatz in Anwendungen mit immer weiter steigenden Genauigkeitsansprüchen, wie die mechanische Bearbeitung leicht zerspanbarer Werkstoffe. In vielen Fällen erweisen sich dabei Flexibilität und Kosteneffizienz als ausschlaggebende Vorteile gegenüber etablierten Werkzeugmaschinen. Um höchstmögliche Genauigkeiten zu erreichen, müssen Industrieroboter jedoch hinsichtlich aller relevanten Parameter anforderungsgerecht kalibriert werden. In diesem Schritt hat das Fraunhofer IFAM in Stade ein sehr hohes Potenzial identifiziert, welches sich mit verhältnismäßig geringem Aufwand heben lässt.
In Ergänzung zu der in diesem Beitrag vorgestellten Hochpräzisionskalibrierung entwickeln die Expertinnen und Experten des Fraunhofer IFAM auch Lösungen zur Steigerung der Robotergenauigkeit durch Integration von Sensorik, erweiterte Steuerungsalgorithmen, leistungsfähigere Antriebe, hochsteif konstruierte Arme und Achsen oder funktionsoptimierte Endeffektoren.
Konkurrenz für Werkzeugmaschinen: Hochpräzise Industrieroboter durch Kalibrierung
Aufgrund unvermeidlicher Fertigungstoleranzen weisen Industrieroboter individuelle Abweichungen vom idealen System auf. Diese Abweichungen führen dazu, dass sich bei Robotersystemen ohne Kenntnis dieser Abweichungen im Arbeitsraum Fehler von bis zu einigen Millimetern bei der Anfahrt auf Sollposen ergeben können.
Auf dem Weg zur Optimierung dieser Robotersysteme ist eine außerordentlich leistungsfähige Softwareanwendung zur modellbasierten Kalibrierung von Industrierobotern entstanden, welche die hochpräzise Roboternutzung ermöglicht. Ein Schlüsselelement der Anwendung ist ein sehr weitreichendes mathematisches Modell, das über 200 Parameter zur Beschreibung einer Roboterkinematik umfasst. Dabei wird der individuelle Parametersatz eines Roboters anhand der Messdaten in einer Optimierungsrechnung bestimmt, die aufgrund der hohen Anzahl an Parametern zwar besonders herausfordernd, aber auch besonders genau ist. Konventionelle Lösungsmethoden stoßen hier an ihre Grenzen, da Parameter in komplexen, teils mehrdeutigen Wechselwirkungen zueinanderstehen. Mithilfe eines am Fraunhofer IFAM in Stade entwickelten numerischen Optimierungsansatzes können diese Parameter trotz der ausgeprägten Mehrdeutigkeit des Problems zuverlässig bestimmt werden.
Während der Kalibrierung wird der Roboter in eine Vielzahl von Stellungen verfahren und seine jeweils tatsächlich eingenommene Pose mittels eines Lasertrackers erfasst. Die Ausführung der Kalibrierung erfolgt dabei mithilfe der vom Fraunhofer IFAM entwickelten Kalibrierungsanwendung »CaliRob«, welche Roboter und Messsystem steuert. Die identifizierten Parameter des Roboters werden an Prüfstellungen validiert und auf die Steuerung des Roboters übertragen. Eine zusätzliche Leistungssteigerung erzielt die Methode mit der Erfassung von Parametern, die über die Standard-Robotermodelle der Hersteller hinausgehen. Dabei werden Korrektursignale durch die Echtzeitfähigkeit des mathematischen Robotermodells verlässlich im Interpolationstakt der Steuerung berechnet und synchron auf die Roboterachsen aufgeschaltet.
Die Roboterentwicklerinnen und -entwickler nutzen das enorme Potenzial echtzeitfähiger Schnittstellen zur Beeinflussung der Roboterbahn nicht nur im Zusammenhang mit der Kalibrierung, sondern auch zur Umsetzung echtzeitfähiger Regelkreise mit externen Messsystemen, wie z.B. Lasertrackern oder Laserprofilsensoren.
Robotische Präzisionssteigerung aus Stade
Das Fraunhofer IFAM in Stade ist ein verlässlicher Partner für direkte FuE-Dienstleistungen sowie für die konstruktive Zusammenarbeit in Forschungsprojekten. Neben der auf individuelle Anforderungen zugeschnittenen Implementierung der Kalibierungsanwendung CaliRob bietet das Institut Aktivitäten in der Forschung und Entwicklung von Präzisionsanwendungen im Bereich der Robotik an. Diese umfassen unter anderem:
- Gestaltung von Kalibrierungsarbeitsplätzen unter Lizenznutzung der Kalibrierungsanwendung CaliRob
- Entwicklung von Prozessen und Regelkreisen mit Echtzeitanbindung von Sensoren und Messsystemen
- Erprobung von anspruchsvollen Anwendungen an hochpräzisen Robotern, zum Beispiel
- mechanische Zerspanung von Faserverbundwerkstoffen sowie Metallen
- hochdynamische und bahntreue Führung von Messmitteln