Synthese von sulfidischen Festkörperelektrolyten

Bestimmung von Reaktionsenthalpien feuchtesensitiver Materialien unter Schutzgasatmosphäre

Die Messung der Enthalpien von Mischungsreaktionen während der Synthese luftempfindlicher Materialien muss unter inerten Bedingungen erfolgen und stellt damit besondere Anforderungen an den Messaufbau. Ein Beispiel feuchtesensitiver Materialien sind sulfidische Festkörperelektrolyte, welche in zukünftigen Festkörperbatterien (engl. ASSBs) zum Einsatz kommen können. Um diese Materialien ökonomisch attraktiv zu machen, erforscht das Fraunhofer IFAM die Skalierung der Synthese. Für die Maßstabsvergrößerung der Synthesen werden Reaktionsenthalpien benötigt, welche unter Schutzgasatmosphäre gemessen werden müssen.

 

Herstellung neuer Batteriematerialien

In Anbetracht des immer stärker zunehmenden Energiebedarfs und der Notwendigkeit regenerative Energieformen zu speichern, ist die Weiterentwicklung von elektrischen Energiespeichern unerlässlich. Festkörperbatterien werden als eine neue Generation von Batterien betrachtet. In diesen wird der flüssige Elektrolyt konventioneller Batterien durch einen festen Elektrolyten ersetzt, was vielerlei Vorteile mit sich bringt.

Sulfidische Materialien als Festkörperelektrolyte bieten dabei den Vorteil, dass sie weich und damit leicht zu verarbeiten sind und eine gute intrinsische Leitfähigkeit aufweisen. Dagegen ist die Herstellung und Verarbeitung sulfidischer Materialien durch die Feuchtesensitivität herausfordernd.

Während viele sulfidische Materialien im Labormaßstab intensiv hinsichtlich ihrer Eignung und Verarbeitbarkeit untersucht wurden, ist die Herstellung größerer Materialmengen wenig untersucht. Um eine Synthese im Maßstab zu vergrößern, müssen viele Aspekte beachtet werden. Einen Baustein stellt die energetische Betrachtung der Synthese dar. Die Syntheseschritte müssen hinsichtlich ihrer Enthalpien untersucht werden, um Wärmeentwicklungen und Wärmebedarf abzuschätzen. Eine zu große Wärmeentwicklung kann zu schweren Sicherheitsproblemen wie dem Bersten des Reaktionsgefäßes oder dem Austreten giftiger Gase oder einfach auch der Degeneration der Reaktanten führen. Führt man jedoch zu viel Wärme ab oder nicht genug hinzu, kann die Reaktion verlangsamt werden oder auch völlig zum Erliegen kommen.

 

Reaktionsenthalpien von Synthesen sulfidischer Festkörperelektrolyte

Da sowohl die Ausgangsstoffe (Edukte) als auch die Produkte der Synthese sulfidischer Festkörperelektrolyte mit der Umgebungsluft reagieren, muss während der Enthalpiemessung eine Schutzgasatmosphäre sichergestellt werden. Insbesondere bei der nasschemischen Synthese ist dies herausfordernd, da die Reaktion beginnt, sobald die festen und flüssigen Reaktanten miteinander in Berührung kommen. Eine Probenpräparation muss also so erfolgen, dass die Reaktanten noch nicht miteinander reagieren können, aber unter Schutzgasatmosphäre präpariert und erst während der Messung gemischt werden. 

© Fraunhofer IFAM
Schematische Darstellung der Messung von Reaktionsenthalpien unter inerten Bedingungen.
© Fraunhofer IFAM
Wärmeentwicklung im Mischschritt der Synthese von β-Li3PS4 aus Lithiumsulfid und Phosphorpentasulfid in Tetrahydrofuran.

Messung der Mischungsenthalpie unter Schutzgas

Während die Messung von Mischungsreaktionen unter Normalatmosphäre durch Öffnen des Messgefäßes und Zugabe weiterer Reaktanten realisierbar ist, wird der Messaufbau für die Messung unter Schutzgasatmosphäre angepasst. Oft müssen die Reaktanten während der Reaktion zudem gerührt werden.

Dazu wird ein Reaktionskalorimeter (Calvet C80, Setaram) mit speziellen Probengefäßen verwendet. Eine schematische Darstellung ist in Abbildung 1 gezeigt. Die Befüllung der Probengefäße mit den Komponenten erfolgt in einer Glovebox unter Schutzgasatmosphäre. Die Probengefäße bestehen aus zwei Kammern, welche durch eine PTFE-Membran getrennt sind. Zur Messung der Reaktionsenthalpie wird der Rührer heruntergedrückt, sodass die Membran reißt und das Reagenz aus der oberen Kammer in die untere gelangt. Durch eine Dichtung an der Rührwelle und das hohe Molekulargewicht des Schutzgases wird die Mischung unter inerten Bedingungen gewährleistet.

Mit Hilfe des oben beschriebenen Verfahrens haben wir für die Synthese des sulfidischen Festkörperelektrolyten beta-Lithium-Thiophosphat (β-Li3PS4, Abk. LPS) in Tetrahydrofuran die Reaktionsenthalpien der einzelnen Schritte bestimmt (doi: 10.1021/acsomega.3c00603). Dabei zeigte sich im Mischschritt eine starke Wärmeentwicklung (siehe Abbildung 2), welche nun in der Maßstabsvergrößerung berücksichtigt werden kann.

 

Skalierte Herstellung sulfidischer Elektrolytmaterialien

Die beschriebenen Arbeiten sowie die verlinkte Veröffentlichung wurden im Rahmen des Aufbaus des Fraunhofer-Zentrums für Energiespeicher und Systeme ZESS erarbeitet. Ein Schwerpunkt der derzeitigen Tätigkeiten des Fraunhofer IFAM am Fraunhofer ZESS liegt auf der skalierten Herstellung sulfidischer Elektrolytmaterialien.

Am Fraunhofer ZESS in Braunschweig erarbeitet das Fraunhofer IFAM Prozesse für die Serienfertigung von Festkörperbatterien. Hier entsteht ein Forschungsneubau mit Trockenraum zur Evaluierung verschiedener Prozesstechniken von der Materialsynthese bis zur Zellassemblierung. Die Arbeiten werden durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur („Niedersächsisches Vorab“, ZN3402) und das Bundeministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.